Kommentare 2

Russische Ehre, Nachtrag.

Historisch bleibt noch etwas Wichtiges nachzureichen zum letzten Blog vom 8. Dezember. Die  Rolle als Verbündeter des “Westens” (oder dessen Vorläufers) hätte nicht eindrücklicher und schmerzvoller als im 2. Weltkrieg zum Ausdruck gebracht werden können. Was oft vergessen geht: Russland hatte die meisten Kriegsopfer im 2. Weltkrieg zu beklagen. In traurigen Zahlen ausgedrückt: 27 Millionen Tote. Das sind viermal mehr, als Deutschland an Kriegsopfern in den eigenen Reihen hatte. Viermal mehr, meine Damen und Herren, ohne einen Krieg angezettelt zu haben. Sogar zehn Mal mehr tote Zivilisten als Deutschland. Russland hat einen sehr, sehr blutigen Beitrag zu einem von Nazi-Deutschland befreiten Westen geleistet. Ironie der Geschichte ist, dass jetzt eine  (von mir geschätzte) Deutsche als tragende Figur der EU über das russische Schicksal wesentlich mitentscheidet. Und noch eine Prise ironischer: eine ehemalige Ossi, die sozusagen in russischem Einflussgebiet aufgewachsen ist. Ob das Russland hilft? Zudem möchte ich noch an etwas anderes Unterschätztes erinnern: Russland ist auch nach dem Zusammenbruch des Kommunismus wohltuend atheistisch geprägt. Das tut gut in einer Welt, auf der im Moment der glaubensideologische Wahnsinn wütet.  Selbst den Amerikanern kann man diesbezüglich nicht  trauen mit ihrem Bible-Belt, ihren Kreationisten und Scharen an bigotten Heuchlern.  Aber natürlich liegt das Hauptproblem im Moment bei den islamistischen Strömungen. Was ich aber damit sagen möchte: wer sich  einigermassen religiös unabhängig oder atheistisch fühlt, sollte dem säkularen, traditionell wissenschaftlich tickenden Russland einen Sonder-Sympathie-Bonus entgegenbringen.

2 Kommentare

  1. Thomas Bollinger

    Nicht Russland ist der grosse Verlierer des zweiten Weltriegs. Vielmehr handelte es sich um die Sowjetunion. Die Frage stellt sich jetzt, pb die Ethnie oder die Staatszugehörigkeit gezählt werden sollen. Heute hat Russland ca. 3x mehr Einwohner als die Ukraine – dementsprechend wären (nach Staatszugehörigkeit gezählt) also 7 Mio. Tote im zweiten Weltrieg Ukrainer gewesen. Grosszügig wie ich bin, zähle ich die Einwohner der Baltischen Staaten, Weissrussland und der ganzen heutigen Staaten im Südosten (X-istan) gar noch nicht dazu. Um die ganze Statistik auch noch nach Ethnie aufzugliedern (wobei wohl auch die von Stalin deportierten Junden eine zweistellige Prozentzahl ausmachen würden), bräuchte es wohl eine fundierte Recherche.
    Anyway – ich bin mit dem Artikel ja grundsätzlich einverstanden – Krieg ist trotzdem der falsche Weg. Egal, wer angefangen hat, die Mittel waren sicher nicht richtig. Ich gehe mit dem Autor einig, dass man mit zivilisierten Völkern und Staaten anders umspringen sollte als mit den “islamistischen Barbaren”. Schlussendlich ging und geht es wohl um die Frage, wie weit die Ukraine (welches als grösstes Land Europas gilt und noch bis 1914 zum österreichisch-ungarischen Kaiserreich gehörte) sich der NATO und der EU annähert. Ich denke, auch in diesem Kontext sind die Wirtschaftssanktionen des Westens zu sehen – meiner Meinung nach ein Schuss ins eigenen Knie, andererseits muss gegen die Konfliktlösung mit Waffen ein klares Zeichen gesetzt werden.
    Zum Schluss, nochmals: Ja, grundsätzlich einverstanden. Aber bitte nicht vergessen, dass die Ukraine auch einen eben so hohen Preis für den zweiten Weltrieg zahlte und nicht wirklich freiwillig zur UdSSR gehörte. Beide Länder verdienen unsere Unterstützung und nicht ein Embargo.

    • frei-geist

      Eigentlich wollte ich den Beitrag aus verschiedenen Gründen löschen. Weltpolitik ist auch nicht wirklich mein Ding; mir ging es eher um das Phänomen der kollektiven Wahrnehmungsverzerrung. Doch dieser intelligente Kommentar legitimiert sein Weiterexistieren.

Schreibe eine Antwort