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Kampfignorieren

Jeder Zürcher Mann kennt das. Man geht durch die Stadt, sitzt in einem Restaurant, fährt Tram, kommt in ein Wartezimmer, schaut von einem Strassencafé auf die Strasse – und überall wird man von weiblichen Mitmenschen nicht nur nicht beachtet, sondern geradezu ignorierend abgestraft. Ziemlich unabhängig davon, wie attraktiv mann ist. Woher kommt das? Sicher besteht ein weibliches Grundbedürfnis nach Integrität und Nicht-Belästigtwerden, das nachvollziehbar ist. Nirgendwo auf der Welt habe ich aber etwas Vergleichbares wie in der Schweiz erlebt. Hier legen die Frauen geradezu Wert darauf, dem Mann zu signalisieren, dass sie auch nur sein geringstes flüchtiges potentielles – und damit natürliches – Interesse für inadäquat halten. Das gehört nicht nur zum guten Ton, sondern ist wohl Ausdruck eines vermeintlichen oder tatsächlichen Machtverhältnisses. Und die vermeintliche Vermeidung von Schwäche. Für die durchschnittliche Zürcherin gäbe es nichts Uncooleres, nichts Demütigenderes, als ein klitzekleines Interesse an einem fremden Mann zu signalisieren, das nicht erübrigt würde. Diesen lifestyligen Super-GAU gilt es entsprechend grossräumig zu umgehen. Sehr grossräumig. Als Gegenentwurf sozusagen lobe ich mir die Frauen aus dem angelsächsischen oder skandinavischen Raum. Sie sind nicht darauf erpicht, Desinteresse zu signalisieren. Sondern sie sind einfach nicht interessiert oder interessiert . Ganz normal. Und wenn sie interessiert sind, sind sie das auch aktiv. Das ist nicht nur ungemein souveräner, sondern vor allem eins: emanzipierter.

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